Nicht selten stellen sich Adoptivkinder vor, ihre Herkunftseltern sind Könige oder betuchte Adelige, die sie irgendwann später in ihrem Leben liebevoll willkommen heißen und sie aufnehmen wie den verlorenen Sohn oder die verschollene Tochter. Vermutlich weil im Märchen die Geschichte ein glückliches Ende findet.
Die Realität malt natürlich ein anderes Bild. Der ersten Kontaktaufnahme geht ein längerer Prozess voraus.
Das entscheidet der Adoptierte nicht eben mal innerhalb von 2 Tagen. Kern dieses inneren Prozesses ist die Angst vor erneuter Ablehnung. Ohne die Erarbeitung eines stabilen Selbstwertgefühls wird ein angenommenes Kind den Schritt zur Recherche und letztlich der konkreten Kontaktaufnahme nicht tun.
Tausend Fragen, die auf der Seele brennen, können durch die Kontaktaufnahme bestenfalls beantwortet werden, so dass Ruhe einkehren darf. Das ist ein großer wichtiger Schritt in Richtung Heilung.
Zudem kann der Bezug zur Herkunft einen enormen Schub an Selbstvertrauen und Stabilität im Adoptierten freisetzen. Ich halte das für den wichtigsten Bestandteil im Puzzel, die eigene Identität zu finden.
Selbst wenn der Kontakt langfristig nicht aufrecht erhalten bleibt,
findet der Adoptierte den Abschluss seiner Geschichte, kann sie integrieren und sich auf seinen ureigensten Weg machen.
So schafft man es, die eigene Geschichte so anzunehmen wie sie ist.