Ganz allgemein

… kann man sagen, dass Adoptierte und Pflegekinder in ihrer Biografie von großem seelischem Leid berichten (vor allem durch Trennungen), sequenziellem Substanzmittelmißbrauch, Suizidgefährdung und nicht ausgeschöpftem Potenzial. Nach meinen Gesprächen mit anderen Adoptierten tauchen auch Ängste jeder Form und depressive Phasen auf. Sie sind beschäftigt mit der Suche nach dem Ich, einhergehend mit Identitätsproblemen. Sie haben mehr Schwierigkeiten als Nicht-Adoptierte, ihre eigene beständige und unverwechselbare Persönlichkeit zu entwickeln und sich selbst auszuleben. Viele von ihnen empfinden sich bis ins hohe Alter als zweitklassig, tun sich schwer mit der Liebe und haben Mühe sich auf tiefe emotionale Bindungen einzulassen. Sie bleiben immer ein Stück entfernt und halten inneren Abstand. Häufig haben Adoptierte ein beeinträchtigtes Selbstwertgefühl. Das gilt auch für erwachsene Adoptierte, die schon wenige Tage nach der Geburt adoptiert wurden und unter optimalen Bedingungen aufgewachsen sind. Die Traumatisierung der frühen Trennung von der Mutter hinterlässt Spuren, die sich tief in die Psyche eines Menschen eingraben, auch wenn er sich nicht bewusst daran erinnern kann. In Schwellensituationen (z. B. Ausbildungs- oder Studienbeginn, Umzug in die erste eigene Wohnung) kann es zu psychischen und emotionalen Auffälligkeiten kommen, die viele Adoptierte wieder an ihre Kernproblematik eines schwach ausgeprägten Selbstgefühls und somit mangelnder innerer Stabilität bringen. Als Ursache hierfür machen Adoptionsforscher die Unfähigkeit des Kindes aus, die Trennung von der leiblichen Mutter adäquat zu verarbeiten. Kinder schaffen es nicht, sich die Trennung zu erklären und lasten sich selbst die Schuld am Weg-Gegeben-Worden-Sein an. Durch das Her-Gegeben-Werden erfährt das Kind eine Entwurzelung. Es fehlt die Verankerung. Es braucht starke einfühlsame Adoptiv- bzw. Pflegeeltern, die das Kind immer wieder bereitwillig auffangen, auch wenn sie dabei an ihre emotionale Belastungsgrenze kommen. Genau aufgrund dieser spezifischen Familiendynamiken, verstehe ich Adoption als existenzielle Lebensaufgabe! 

Kontaktaufnahme – aber wie?

Soll ich einen Brief schreiben oder direkt anrufen? Mit dieser Frage beschäftigt sich früh oder später jeder Adoptierte. Ist die Suche an sich soweit abgeschlossen und hat man den Namen, die Anschrift oder die Telefonnummer eines leiblichen Verwandten ausfindig...

Entmystifizierung der Herkunft

Nicht selten stellen sich Adoptivkinder vor, ihre Herkunftseltern sind Könige oder betuchte Adelige, die sie irgendwann später in ihrem Leben liebevoll willkommen heißen und sie aufnehmen wie den verlorenen Sohn oder die verschollene Tochter. Vermutlich weil im...

Mannheim’s US-Besatzungskinder

Aufgrund meiner eigenen Geschichte, möchte ich an dieser Stelle auf die US-Mischlingskinder (Afro-Deutsche) zu Sprechen kommen und ihren geschichtlichen Hintergrund erläutern. In den Nachkriegsjahren ab 1945 verzeichnete Mannheim einen Frauenüberschuss, weil Männer im...

Name gibt Identität und Wurzeln

Bis in die 90er Jahre wurde Adoptiveltern geraten, ihrem angenommenen Kind einen Vornamen ihrer Wahl zu geben. Das würde das Zugehörigkeitsgefühl stärken und es sei für das Kind von Vorteil. Das Gegenteil ist der Fall. Damit entreißt man dem Kind u. U. die letzte...

Trennungen

Wenn plötzlich eine Trennung von einer Bezugsperson droht, kann das ein Schocktrauma auslösen. Der Verlust einer nahen Bindungsperson kann einen Adoptierten in „Todesangst“ versetzen, wodurch der ganze Hormonaushalt aus dem Gleichgewicht gerät. Äußerst ungünstig bei...

Sicherheit & Geborgenheit

Seelische Heimat hat viel mit dem Gefühl zu tun, geborgen, sicher und verwurzelt zu sein.  Adoptierte suchen das Gefühl der Geborgenheit in anderen Menschen, bei ihren Mitmenschen, jedoch vor allem in Partnern. Nicht selten überfordert, hält dieser sie emotional auf...

Abgrenzung oder Ausgrenzung

Aus welchem Grund können sich Adoptierte nicht abgrenzen? Um sich gegen Übergriffe anderer Menschen abzugrenzen zu können, muss ein Kind in jungen Jahren von einer nahen Bezugsperson ganz angenommen worden sein. Diese Erfahrung steht vor der Fähigkeit zur Abgrenzung....

Bindungsschwierigkeiten

Viele Adoptierte reagieren im zwischenmenschlichen Bereich auf kleinste Signale der Ablehnung oder Nichtbeachtung durch anderen Menschen überaus sensibel. Sie sind schnell verletzt und ziehen sich zurück. Dadurch bringen sie sich oft selbst unbewusst in eine...

Trauer

Unterdrückte Wut und Trauer, die man nicht zeigen darf, entziehen einem Adoptierten Lebenskraft, die er sinnvoll für andere Dinge nutzen könnte. Oftmals sind sich Betroffene gar nicht im Klaren, dass sie wütend darüber sind, verlassen worden zu sein und dass sie eine...

Hospitalismussyndrom

Ein Beispiel:Wenn ein Baby nach der Geburt zur Nachsorge längere Zeit im Krankenhaus bleiben muss, kann sich das Hospitalismus-Syndrom ausbilden. D. h. es gibt negative Auswirkungen aufgrund des Entzugs von Nähe, Geborgenheit, persönlicher Ansprache. Ähnliche Symptome...